Quellensammlung  VIA REGIA - Sachsen

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14.3  OSCHATZ   Grundwissen    Karten    Literatur    Archivalien   Sonstiges

Literatur

 

 

Das Oschatzer Hügel- und Tieflandsgebiet zwischen Mulde und Elbe

von Karl May und Ernst Tittel  

Meißen, Verlag H. W. Schlimpert, 1905

 

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    A        Auszug: Die Verkehrsstraßen  von Ernst Tittel       

[S.38]     Die ältesten Straßen führten nicht an den Flußufern entlang, da diese oft sumpfig und auf beiden Seiten von einem Gebiet umgeben waren, das bei Hochwasser überschwemmt wurde. Auch hätten solche Talstraßen zahlreiche Nebenflüsse kreuzen müssen, die gerade in der Nähe ihrer Einmündung am wasserreichsten sind. Erst in der Zeit von 1100 bis 1250 kamen wasserbaukundige Kolonisten aus Friesland und Holland. Die ältesten Straßen vermieden daher das die Flüsse begleitende Alluvium und suchten die höher gelegenen und daher trockenen Landrücken auf. Dabei kreuzten sie die kleineren Wasserläufe in der Nähe ihres Ursprungs, was keine Schwierigkeiten bot. Auf diesen höheren Rücken wurden die Wege, wenn Hindernisse fehlten, oft ganz geradlinig angelegt, z.B. die 210 km lange Straße Halle-Strehla-Bautzen-Görlitz. Die Flüsse wurden an den seichtesten Stellen überschritten, und an diesen Furten, wo die Reisenden oft wochenlang bei Hochwasser warten mußten, entstanden Schutzbauten, später Ansiedelungen und größere Orte. Im nördlichen Sachsen zwischen Mulde und Elbe führten die ältesten und wichtigsten Verkehrsstraßen von West nach Ost, beziehentlich Südost. Im Westen war Halle vor dem emporkommen Leipzigs die wichtigste Stadt, im Osten waren die schlesischen Städte, im Südosten Prag Verkehrsmittelpunkte, letzteres schon seit 870. Von Halle, das seit alter Zeit durch Salzgewinnung berühmt war, führte eine alte Straße, Salzstraße genannt, nach der Muldenfurt Eilenburg, ferner nach dem Elbübergang bei Belgern und über Liebenwerda und Senftenberg nach der Neiße. Eine zweite alte Salzstraße zog von Halle nach der Muldenfurt Wurzen und von hier als „Hohe Straße“ über Dornreichenbach, als „kleine Straße“ nach Dahlen und über Lampertswalde nach der Elbfurt Strehla. Von hier führten Wege über Weißig nach Rothenburg a.d. Neiße, sowie nach der Spree. Die alte Hauptstraße aber ging von Strehla über Zeithain, Großenhain, Königsbrück, Kamenz und Bautzen nach Görlitz an der Neiße und hieß die „Hohe Straße“ oder „die alte Straße“. Von dieser zweiten Salzstraße Halle-Görlitz zweigte eine Straße ab, die nach Südosten über Gerichshain und Brandis nach

[S.39]     der Muldenfurt Trebsen führte. Von hier ging sie als „Bischofsweg“ nach Wermsdorf und nun unter verschiedenen Namen, z.B. „Oberweg“ genannt, südlich am Collmberg vorbei nach Oschatz, während ein südlicher Parallelweg über Lampersdorf, Thalheim, Kreischa und östlich bei Oschatz * vorüber nach Borna und Strehla führte. Außerdem ging von Trebsen eine Straße nach Südosten über Öderan nach Brüx, die „alte böhmische Straße“ genannt. Von Halle führte eine dritte Straße über Schkeuditz nach Leipzig und von da nach dem Muldenübergang bei Grimma. Von Grimma ging ein Weg, 1065 alte Salzstraße genannt, nach Zschaitz, und von da eine Straße über Lommatzsch nach

* Dieser Weg hieß später der „Kaiserweg“, weil Karl V. 1547 ihn benutzte, als er nach Mühlberg zog.

[S.40]     der Elbfurt Boritz-Merschwitz, einem Elbübergange, der lange von großer Bedeutung gewesen ist. Aus Böhmen führte die „alte böhmische Glastraße“ von Rumburg und Schönlinde aus über Hohnstein, Radebeul und Weinböhla, um dann bei Boritz-Merschwitz oder Strehla die Elbe zu überschreiten und so den Anschluß an die westlich führenden Wege nach Leipzig und Halle zu erreichen.                                                                      

Seit dem 14. Jahrhundert änderten sich die Verkehrsbedingungen dadurch, daß der wichtigste Handelsverkehr durch landesherrliche Bestimmungen auf bestimmte Wege gewiesen wurde. Die Markgrafen von Meißen schlossen mit den benachbarten Fürsten Verträge, daß die aus Polen und Schlesien nach Leipzig fahrenden Wagen über Lauban, Görlitz, Bautzen, Kamenz und Großenhain, die Merschwitzer Fähre und Seerhausen nach Oschatz ihren Weg nehmen sollten, um von hier über Grimma oder Wurzen oder Eilenburg nach Leipzig zu gehen, ebenso in umgekehrter Richtung. Während also 3 Muldenübergänge wahlweise freigegeben waren, wurden die Elbübergänge Belgern und Strehla durch die Bevorzugung von Boritz-Merschwitz beeinträchtigt. Auch 1555 gebietet Kurfürst August in einer im Ratsarchiv zu Oschatz befindlichen Urkunde „An die Pfluge zu Strehlenn“, daß die Fuhrleute, die von Breslau über Großenhain fahren und nach Leipzig wollen, die Fähre bei Strehla nicht benutzen sollen, sondern auf die genannte vorgeschriebene Landstraße zu verweisen sind. Für Oschatz war diese Bestimmung überaus vorteilhaft. 1381 wird der Stadt Oschatz urkundlich das Recht zugesprochen, von allen durchfahrenden Wagen eine Abgabe zu erheben, „in dem Maße, als die von Leipzig und die von Torgau nehmen“, um davon die Stadt und die Wege zu bessern. Auch die Befestigungen der Stadt wurden mit dieser Abgabe in gutem Stand erhalten, und noch heute sind Reste derselben erhalten, zwei Türme, 1377 und 1479 erbaut, sowie Teile der Stadtmauer (vgl. Bild X.) Diese Abgabe wurde Pflastergeleit genannt, und aus den Pflastergeleitsrechnungen der Stadt Oschatz, z.B. vom Jahre 1590, ist zu ersehen, daß die Wagen nicht nur von Görlitz, Lauban, Liegnitz, sowie von Leipzig und Halle kamen , sondern auch von Eisleben, Quedlinburg, Halberstadt. Auf die vorgeschriebene Straße wurde der Name „Hohe Straße“ übertragen, auch hieß sie in den Urkunden via regia. Mit dieser wichtigsten Verkehrslinie kreuzten sich andere Handelswege, denn nach Oschatz kamen auch Wagen von Reichenbach, von Aussig, von Brandenburg und Berlin. Durch diesen Frachtgüterverkehr kam Oschatz empor. Später gingen auch die Posten von Dresden über Meißen, Zehren, Seerhausen und Oschatz nach Leipzig, 1726 aber wurde die Poststraße über Stauchitz und Wermsdorf angelegt und auf diese der Postverkehr von Dresden nach Leipzig verwiesen. Als man 1790 die Absicht hatte, auch das leichte Fuhrwerk auf diese Poststraße zu weisen, erhob die Stadt Oschatz mit Erfolg Beschwerde dagegen durch eine unmittelbare Eingabe an den Landesherrn. Diese Straße, noch heute streckenweise „alte Poststraße“ genannt, führte von Dresden über Meißen, Zehren, Klappendorf, Stauchitz, Casabra, Wermsdorf und Grimma nach Leipzig. Das stattliche Postgebäude

[S.41]   in Stauchitz, 1726 erbaut, zeugt noch heute von der einstigen Bedeutung dieser Poststation *)                                 

Später ging der Postverkehr natürlich auf die Eisenbahnen über. Die Vollendung der ersten größeren Eisenbahnlinie Sachsens Leipzig-Riesa-Dresden 1839 war von der größten Bedeutung für den Verkehr des ganzen Landes, und sie ist eine der wichtigsten Eisenbahnstrecken Deutschlands geworden. Die Eisenbahnen, die Verkehrsstraßen der neuen Zeit, zeigen in unserm Gebiet in der Hauptsache eine Übereinstimmung mit den alten Straßen. Zwar war längst die Bedeutung des Elbübergangs Boritz-Merschwitz auf Riesa übergegangen, aber die unser Gebiet durchziehende Strecke Leipzig-Wurzen-Oschatz-Riesa entspricht doch im wesentlichen der alten via regia. Ebenso ist die Linie von Leipzig über Grimma und Döbeln ihrer Hauptrichtung nach den alten nach Südosten führenden Straßen entsprechend, nur daß der neue Verkehrsweg anders als die alten das Flußtal aufsucht. Die ebenfalls den Fluß begleitende Muldentalbahn zeigt dagegen eine ganz andere Richtung als die alten Straßen. Ihre Einmündung in die Hauptlinie bei Wurzen ist zwar vorteilhaft für diese Stadt, doch fehlt die Fortsetzung nach Norden. Kleinere Orte sind durch Sekundärbahnen an die Hauptlinien angeschlossen worden. Das fruchtbare Ackerbaugebiet von Mügeln hat Verbindung mit Nerchau-Trebsen, Döbeln und Oschatz. Strehla ist, da hier die Sekundärbahn von Oschatz her endet, abseits vom Hauptverkehr geblieben, nimmt jedoch am Elbverkehr teil und würde von einer Bahnverbindung nach Riesa größeren Vorteil haben.

*) Hier werden noch alte Geldbriefquittungen aufbewahrt. Eine derselben lautet: „Ein Brief mit Sechs Thaler an Monsieur Holzapfell, nach Dresden gehörig, ist dato an die hiesige Expedition zur Bestellung übergeben und darüber gegenwärtiger Schein erteilet worden. Signatum Stauchitz, 17. Martij Anno 1770. Churfürstlich Sächsisches Postamt. Miersch.“ – 1813 hat Napoleon, von Dresden kommend, vor der Schlacht bei Leipzig in Stauchitz übernachtet.